Einleitung. Auf den Versöhnungstag folgt Sukkot, das Hüttenfest. Es beginnt am 15. Tischri und dauert sieben Tage, nach deren Verlauf sogleich ein anderes Fest gefeiert wird, das die heilige Schrift (3. B. M. 23, 36; 4. B. M. 29, 35; Nehemja 8, 18; 2 Chr. 7, 19) als עצרת bezeichnet. Im 5. B. M. 16, 8 wird der siebente Tag dés Pesachfestes so genannt, und in der Mischna trägt das Wochenfest diesen Namen, während das Hütten- und das Schlussfest hier schlechthin unter der Bezeichnung חג zusammengefasst wèrden. Der erste Tag heisst של חג יום טוב הראשון, der achte יום טוב האחרון של חג. Es war dies wahrscheinlich die landläufige Benennung, die sich im Volke eingebürgert hatte. Dass aber der achte Tag ein besonderes Fest für sich bildet, wird im Talmud scharf betont und lässt sich, wenn man die Opfervorschriften dieses Tages (4. B. M. 29, 36) mit denen der vorangehenden Tage (das. 13—32) vergleicht, auch gar nicht verkennen. Während des siebentägigen Festes ist jeder Israelit verpflichtet, wenn das Wetter es gestattet, in einer Hütte zu wohnen, d. h. in einem Raume zu essen und zu schlafen, der nach oben nicht durch ein festes Dach, sondern nur durch eine lose aufliegende Pflanzendecke abgeschlossen ist. Mit Ausnahme der Früchte dürfen alle Teile einer Pflanze, sofern sie von der Erde abgeschnitten und nicht etwa zu Geräten oder Geweben verarbeitet sind, zur Herstellung der Decke verwendet werden. Am besten eignet sich „der Abfall der Tenne und der Kelter“, also Stroh, Weinrankén, Baumzweige u. ä. Die Festhütte kann jede beliebige Form haben, wenn sie nur wenigstens zehn Handbreiten (80 cm) hoch ist und ihr Querschnitt ein Quadrat umschliesst, dessen Seite mindestens sieben Handbreiten (56 cm) misst. Die Wände müssen fest genug sein, um mässigen Winden zu widerstehen, dürfen aber im übrigen aus jedem Material bestehen, aus Holz, Eisen oder Mauerwerk ebenso wie aus Teppichen oder anderen Geweben. Drei Wände genügen auch für eine viereckige Hütte, da die vierte, offene Seite als Eingang betrachtet wird. Im Notfalle reichen zwei Wände aus, wenn sie einen rechten Winkel bilden und ein etwas mehr als vier Daumen (8 cm) breites Brett parallel der einen Wand so aufgestellt wird, dass es vom freien Rande der andern Wand weniger als drei Handbreiten (24 cm) absteht. Die drei Buchstaben, aus denen das Wort סכה besteht, veranschaulichen diese Vorschrift. Das ס bietet den Grundriss der vollkommenen, aus vier Wänden bestehenden Festhütte; das כ zeichnet die aus drei Wänden hergestellte, deren vierte Seite offen steht; das ה endlich gewährt ein Bild der mangelhaften Hütte, die nur zwei rechtwinkelig aneinander gefügte Wände hat, während die dritte nur durch ein schmales Brett angedeutet wird. Ein ferneres Gebot des Hüttenfestes ist es, den Feststrauss zur Hand zu nehmen, der sich aus einem Palmzweig, aus Myrten- und Bachweidenruten sowie aus der Frucht des Etrogbaumes (einer Zitronenart) zusammensetzt. Ursprünglich galt diese Vorschrift nur im Heiligtume für das ganze Fest, sonst aber nur für den ersten Tag. Nach der Zerstörung des zweiten Tempels wurde jedoch von Rabban Joḥanan ben Zakkai angeordnet, dass sie überall während der ganzen Dauer des Festes täglich geübt werde. Zur Zeit des Tempels wurde an allen Tagen des Festes beim Morgendienste ausser dem täglichen Weinopfer auch ein Becher Wasser über dem Altar ausgegossen. An den Abenden, mit Ausnahme des Sabbats und der Feiertage, erstrahlte der Tempel im Lichte zahlloser Lampen, und es herrschte in seinen Räumen grosser Jubel. Eine Beschreibung dieser festlichen Veranstaltung findet sich im letzten Kapitel unseres Traktats. Von den übrigen vier Kapiteln handelt das erste über den Bau und das zweite über die Benutzung der Festhütte, das dritte über den Feststrauss und das vierte über die Festesfeier im Tempel zu Jerusalem.